Für wen wurden die Bootsmodelle in der Dauerausstellung „Ozeanien – Kontinent der Inseln“ (2022) des Linden-Museums Stuttgart angefertigt?

Mit ganz wenigen Ausnahmen fanden Bootsmodelle in den ozeanischen Gesellschaften am Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts keine Verwendung. Fast alle Bootsmodelle der Ozeanien-Sammlung wurden von indigenen Expertinnen und Experten für den Verkauf an europäische Reisende und Kolonialbeamte hergestellt. Auch wenn die Aufenthaltsdauer von Handels- und Marinedampfern sowie von Forschern an den jeweiligen Stationen in der Regel sehr kurz war, ist dennoch eine große Zahl dieser Modelle nicht nur im Linden-Museum Stuttgart erhalten. Es ist also wahrscheinlich, dass Bootsmodelle durchaus auf Vorrat hergestellt wurden, doch sind mir dazu nur sehr wenige Untersuchungen bekannt. Es ist faszinierend, wie präzise und exakt die Modelle gearbeitet sind und dass sie von fast allen Inseln Ozeaniens vorliegen. Sie entsprechen den großen Booten sowohl in ihren Proportionen als auch hinsichtlich der Dekorationen sowie der Takelage. Es gibt einige wenige Inseln, von denen auch sogenannte Spielboote überliefert sind. Mit diesen einfach gestalteten Modellen wurden regelrechte Regatten durchgeführt.

Dr. Ulrich Menter,
Fachreferat Ozeanien,
Linden-Museum Stuttgart