„Spotlight – Blick hinter die Kulissen“ – Folge 62 vom 24. September 2023

Wie wählt ein Kurator aus einer Sammlung Objekten für eine Ausstellung aus und wie lange dauert es von der Idee bis zur Eröffnung? (2/2)

Wie wählt ein Kurator aus einer Sammlung Objekten für eine Ausstellung aus und wie lange dauert es von der Idee bis zur Eröffnung? (2/2)

In der Dauerausstellung „Ozeanien – Kontinent der Inseln“ (2022) sollte eines der bedeutenden Objekte von Weltrang gezeigt werden, die in der Ozeanien-Sammlung des Linden-Museums vertreten sind. Hierzu zählt u. a. ein mehr als sechs Meter langer Malagan in Bootsform mit neun vollplastischen Figuren von der Insel Neuirland, der oft auch als „Totenboot“ bezeichnet wird. Dieser Malagan war bis zum Ende der 1990er Jahre in der ehemaligen Dauerausstellung „Ozeanien“ des Linden-Museums und 2012 in der Sonderausstellung „Weltsichten“ zu sehen. Für die neue Dauerausstellung Ozeanien fiel die Wahl jedoch auf das geschnitzte Haus „Te Wharepuni a Māui“ aus Aotearoa Neuseeland. Das Haus ist mit seinen Schnitzarbeiten ein faszinierendes Kunstwerk, an dem sich zugleich die Kontinuität der Māori-Kunst darstellen lässt. So befindet sich auf dem 1905 von Tene Waitere fertiggestellten Haus eine Giebelfigur, die der Meisterschnitzer Te Kākā Niao 1993 im Linden-Museum angefertigt hat. Das Haus korrespondiert aber auch mit einer Installation des Künstlers George Nuku aus dem Jahr 2012, der die klassische Giebelform aufgreift und in Gegenwartskunst transformiert. Daneben zeigen wir auch zwei Paddel aus dem Jahr 1769, die auf die ersten Begegnungen von Māori mit Europäern verweisen. Das auf den Paddelblättern erhaltene Dekor spiegelt sich in den Malereien auf den Dachsparren im Innern des Hauses. So kann die Ausstellung eine Reihe von Objekten und Kunstwerken aus ganz unterschiedlichen Zeiten zeigen, die zugleich eng miteinander verbunden sind. Auch an anderen Stellen der Ausstellung wurden Objekte aus der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert mit Objekten zusammengestellt, die aus der unmittelbaren Gegenwart stammen und sich auf die überlieferten Inhalte und Techniken beziehen.

Dr. Ulrich Menter,
Fachreferat Ozeanien,
Linden-Museum Stuttgart