„Spotlight – Blick hinter die Kulissen“ – Folge 54 vom 20. Juli 2023
In der europäischen Seefahrt war die Positionsbestimmung sehr abhängig von der Uhr. Bei der Orientierung an den Sternen ist es wichtig, ein gutes Zeitverständnis zu haben, wann die Sterne wo stehen. Wie wurde das Konzept Zeit in Ozeanien behandelt. Gab es dort Uhren?
Uhren oder eine Zeitmessung im europäischen Sinn gab es in vorkolonialer Zeit in Ozeanien ebenso wenig wie in den meisten anderen außereuropäischen Gesellschaften. Die strenge Einteilung der Zeit auf Grundlage linearer Zeitvorstellungen wurde und wird von vielen Gesellschaften nicht nachvollzogen. In der ozeanischen Seefahrt spielte eine exakte Bestimmung einzelner Positionen auf einer Reise keine zentrale Rolle. Ganz anders war es in der der europäischen Seefahrt, bei der vor allem nach Seekarten navigiert wird. Es wurden enorme Anstrengungen unternommen wurden, um exakte Zeitbestimmung sowie eine genaue Festlegung der Längengrade zu ermöglichen. So war zum Beispiel ein Ziel der ersten Reise des britischen Kapitäns James Cook in den Jahren 1768–1771 die Beobachtung des Venustransits vor der Sonne auf der Insel Tahiti. Die Beobachtungen sollten nicht nur neue astronomische Daten, sondern auch bessere Grundlagen für die exakte Positionsbestimmung auf See liefern.
Dr. Ulrich Menter,
Fachreferat Ozeanien,
Linden-Museum Stuttgart