„Spotlight – Blick hinter die Kulissen“ – Folge 47 vom 29. Mai 2023
Wieso wissen wir nicht mehr über die Uli-Figuren, auch nicht heute?
Vor der Einführung der Schrift durch europäische Missionen erfolgten Überlieferungen in den ozeanischen Gesellschaften vor allem mündlich. Gerade das Wissen um solche Figuren, um Zeremonien und Rituale und die Dinge, die dort benutzt wurden, wurde während Zeremonien und Ritualen an die jeweils nachfolgende Generation weitergegeben. Durch das Wirken der christlichen Mission und Verbote der Kolonialverwaltungen wurden viele große Feiern wie z. B. die Uli-Zeremonien, wichtige Beerdigungs- oder Totengedenkfeiern, zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitgehend verhindert, wodurch auch die Überlieferung des zugehörigen Wissens zum Erliegen kam. Fast alle Uli-Figuren, die sich heute in den Sammlungen finden, wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts erworben. Während Uli-Figuren offenbar von ihren damaligen Besitzern durchaus abgegeben wurden, war dies bei anderen Objekten ganz und gar nicht der Fall. Hierzu gehören z. B. große Sonnenmalanggane, die sich nur sehr selten in Museumssammlungen finden. Zeitgenössischen Berichten zufolge haben die besitzenden Gruppen diese Objekte eben nicht verkauft, nicht abgegeben. Nach wie vor wissen wir aber zu wenig über die konkreten Erwerbungsumstände der einzelnen Objekte.
Dr. Ulrich Menter,
Fachreferat Ozeanien,
Linden-Museum Stuttgart