„Spotlight – Blick hinter die Kulissen“ – Folge 38 vom 3. April 2023
Für das Christentum gibt es die Legende des Apostels Thomas, des Zweiflers, der auf seinen Missionsreisen nach Indien gelangt sein soll. Während Paulus nach Westen, nach Rom zog, ist er nach Osten aufgebrochen. Sein Grab wird heute in Chennai verehrt. Archäologisch findet man zumindest an der Westküste Südindiens etwa ab dem dritten Jahrhundert Hinweise auf frühe christliche Gemeinden, die sich dort gebildet haben. Das Christentum breitet sich mit der Zeit aus. Ein neuer Schub entsteht, als im 16. Jahrhundert Jesuitenmissionare auftauchen, aufgrund ihrer Herangehensweise beachtliche Erfolge erzielen können und viele Menschen für das Christentum gewinnen.
Was den Islam betrifft, so hat es lange vor Beginn unserer Zeitrechnung Austausch mit dem Nahen Osten gegeben. Beim Handel, dem Gewürzhandel – insbesondere Pfeffer ist begehrt gewesen – gelangt Elfenbein bis nach Griechenland und Rom. Auf diesem Weg ist schon wenige Jahrzehnte nach dem Ende des irdischen Lebens des Propheten Mohammed auch der Islam in Indien angekommen, eben mit Handelsreisenden, die sich dann um die Häfen herum ansiedelten. Warenlager entstanden und es bildeten sich Kolonien von Siedlern, die lokal heirateten und Familien gründeten. Auf die Art und Weise sind im selben Jahrhundert, als der Islam im Nahen Osten entstand, auch die ersten islamischen Communities im Süden Indiens unter der tamilisch sprachigen Bevölkerung entstanden und haben sich dann oft auch entlang der Handelsstraßen ausgebreitet. Eine wichtige Rolle haben auch die Sufis gespielt. Das waren islamische Mystiker, die als wandernde Pilger durchs Land zogen auf der Suche nach einer Vertiefung ihrer Gottesbeziehung und dann oft in Form von Gedichten und Liedern über Gott diese Botschaft weitergetragen haben an die lokale Bevölkerung.
Dr. Georg Noack,
Kurator Ostasien und Festland-Südostasien,
Linden-Museum Stuttgart