Was war der Anlass für die Ausstellung Stuttgart – Afghanistan?

Es gab keinen direkten Anlass. Zufällig sieht es so aus, als hätten die Ereignisse vom August 2021 zur Ausstellung geführt. Eher wäre zu fragen: Wie kam es zum Projekt, das die Ausstellung initiierte?

Ausgangspunkt waren die Sammlungen des Linden-Museums zu Afghanistan, die extrem vielfältige lebensweltliche, „ethnologische“ Objekte und kulturhistorische Gegenstände um-fassen. Meiner Meinung nach sind die Sammlungseingänge nur zu verstehen, wenn auch die unterschiedlichen historischen Rahmenbedingungen und Umstände der letzten 100 Jahre betrachtet werden.

Angesichts dieser komplexen Hintergründe wäre es nicht angemessen, „einfach nur“ Gegen-stände als „aus Afghanistan“ stammend auszustellen. Besser ist es, die vielfältigen Beziehungsgeschichte(n) mit zu erzählen. Und zwar möglichst vielstimmig. Deshalb haben wir die Sammlung geöffnet und 2019 öffentlich nach Interessierten gesucht, die die Objekte näher kennenlernen und mit ihnen arbeiten wollten. Das LindenLab-Projekt „Entangled: Stuttgart – Afghanistan“ war geboren.

Zu den komplexen Hintergründen der Sammlungseingänge: Prachtvolle Marmorobjekte aus Ghazni (11./12. Jh.) kamen erst seit dem radikalkommunistischen Umsturz von 1978 außer Landes – sie hätten Afghanistan gar nicht verlassen dürfen, doch die Instabilität und später Konflikt und Krieg schufen die Bedingungen für die Ausfuhren auf im Detail (noch?) nicht nachvollziehbaren Wegen.
Im Gegensatz dazu arbeitete die Stuttgarter Badakhshan-Expedition Anfang der 1960er Jahre mit Genehmigung Afghanistans. Manche Menschen auch in Afghanistan selbst erinnern diese Zeit als eine Art „Goldenes Zeitalter“. Mehr und mehr Menschen aus vielen Ländern reisten nach Afghanistan, und auch viele aus Afghanistan studierten oder arbeiteten im Ausland.

Dr. Annette Krämer
Linden-Museum Stuttgart