„Spotlight – Blick hinter die Kulissen“ – Folge 21 vom 22. September 2022
Es stellt sich zunächst die Frage, warum wir diese Begriffe als nicht problematisch empfinden. Das liegt vor allem auch daran, dass die deutsche Kolonialzeit lange verdrängt wurde und sie aus unserem heutigen Verständnis als ein abgeschlossenes Stück Geschichte begriffen wurde. Im Vergleich dazu gibt es mit Blick auf die NS-Zeit eine Sensibilität für den Holocaust, das unsägliche Leid und auch das, was sprachlich damit zu tun hat. Für die Kolonialzeit fehlt dieses Bewusstsein, weil das Unrecht und verursachte Leid lange nicht aufgearbeitet wurde und oft von einer romantisierten Vorstellung überlagert wird. Daher ist alles auch eher positiv besetzt gewesen und wurde nicht problematisiert. Das zeigt sich dann auch bei den Begriffen, weil sie nicht kritisch gesehen wurden. Der „Kolonialwarenladen“ ist dabei ein sehr harmloses Beispiel, aber jetzt gibt es auch die Debatten um Straßennamen. Wie man damit konkret umgehen sollte, das ist natürlich noch einmal eine ganz andere Frage. Da scheiden sich die Geister. Aber es ist ein guter Schritt, sich überhaupt damit zu beschäftigen, sich bewusst zu machen, welche Begriffe wirklich problematisch sind und vor allen Dingen auch warum, um diese verklärte Vorstellung aufzuarbeiten.
Markus Himmelsbach,
Provenienzforscher,
Linden-Museum Stuttgart